Corona-Aufarbeitung: Gute Noten für das Krisenmanagement des Kreises Pinneberg

Es könnte erneut ein Virus sein oder auch eine andere Bedrohungslage, die vom Kreis Pinneberg fordern würde, von jetzt auf gleich umzuschalten von Behördenalltag auf Krisenmanagement. Mit der Corona-Pandemie liegt eine Spanne von rund zwei Jahren Erfahrung mit Krisenmodus vor. Um ihr Handeln von damals zu analysieren, das erworbene Wissen für die Organisation festzuhalten und für die Zukunft zu lernen, hat die Kreisverwaltung bereits in 2023 empfohlen, ein Gutachten in Auftrag zu geben.

Die Ergebnisse liegen jetzt vor. Das Fazit der externen Sachverständigen lautet: Der Kreis Pinneberg habe während Corona seine Aufgaben im Quervergleich zu anderen Unteren Gesundheits- und Katastrophenschutzbehörden leistungsfähig wahrgenommen. Zahlreiche empfohlene Maßnahmen zur Verbesserung im Krisenmanagement habe die Verwaltung bereits umgesetzt oder auf den Weg gebracht. Teilweise sei noch eine Intensivierung oder Ergänzung erforderlich.

„Herausfordernden Zeiten können wir nur mit Resilienz begegnen“, sagt Landrätin Elfi Heesch, die 2021 mitten in der Pandemie die Leitung der Kreisverwaltung und damit auch des Krisenmanagements im Kreis Pinneberg übernommen hatte. „Resilienz bedeutet, Strukturen, Kompetenzen und Netzwerke aufzubauen, die im Krisenfall funktionieren und mit denen wir sicher durch eine schwierige Lage steuern können. Dazu gehört auch, vergangenen Erfahrungen schonungslos zu analysieren, um daraus für die Zukunft zu lernen. Ich bin deshalb sehr froh über die vorliegende externe Analyse.“

Das Gutachten dokumentiert auf insgesamt 30 Seiten die Erfahrungen aus der Corona-Zeit, zeigt Möglichkeiten zur Verbesserung auf und leitet konkrete Handlungsempfehlungen ab. Schwerpunkte der Betrachtung stellen vier zentrale Handlungsfelder dar: Aus- und Fortbildung, Aufbauorganisation, Ablauforganisation sowie Infrastruktur und Technik.


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Im Ergebnis bescheinigt das Gutachten der Kreisverwaltung eine leistungsfähige und flexible Krisenbewältigung. In allen vier untersuchten Handlungsfeldern konnten sowohl bestehende Stärken identifiziert als auch konkrete Weiterentwicklungspotenziale aufgezeigt werden.

Zu den empfohlenen Maßnahmen, die von der Kreisverwaltung bereits frühzeitig umgesetzt worden sind, gehören unter anderem die Etablierung eines modernen Lagebildsystems, der Ausbau der Krisenstabsstrukturen sowie die Umorganisation der Verwaltung. So hat Landrätin Elfi Heesch eine Stabsstelle Klimaschutz eingerichtet, die sich auch mit dem krisenrelevanten Thema Klimafolgenanpassung befasst. Außerdem hat sie im neu geschaffenen Fachbereich 4 jene Handlungsfelder vereint, in denen Krisenmanagement-Kompetenz zentral ist. Das sind wesentlich die Bereiche Bevölkerungsschutz und Gesundheit, die durch die Zusammenführung wechselseitig gestärkt werden.


Zu den Ergebnissen des Gutachtens in den einzelnen Handlungsfeldern:


1. Handlungsfeld: Aus- und Fortbildung

Bereits vor der Pandemie hatte die Kreisverwaltung ihre Führungskräfte im Bereich Krisenmanagement ausgebildet. Das Wissen aus Fortbildungen zu Verwaltungsstäben habe sich während der Pandemie als wertvoll für eine sichere Steuerung erwiesen. Auch in der akuten Krisenphase hatte es Schulungen gegeben. 

Das Gutachten betont die Notwendigkeit, regelmäßig im Krisenstab zu üben – idealerweise gemeinsam mit externen Akteuren wie Polizei und Hilfsorganisationen. Zusätzlich wird eine weitergehende Qualifizierung in digitalen Führungskompetenzen und Krisenkommunikation empfohlen. Auch die Förderung der Selbsthilfefähigkeit aller Mitarbeitenden wird als wichtiges strategisches Ziel formuliert.

Dies setzt die Kreisverwaltung bereits um. Die systematische Qualifizierung des Krisenstabs erfolgt durch Fortbildungen, regelmäßige Dienstabende und Übungen. Das Thema Selbsthilfe und Selbstvorsorge wird durch die Kampagne „sei bereit“ aufgegriffen und bietet sowohl Mitarbeitenden als auch der gesamten Bevölkerung im Kreis Pinneberg über die dazugehörige Homepage www.sei-bereit.kreis-pinneberg.de sowie Flyer wichtige Hinweise und Informationen zum Thema Vorbereitung und Krisenresilienz.

2. Handlungsfeld: Aufbauorganisation

Laut Gutachten habe sich die Kreisverwaltung Pinneberg während der Pandemie als in hohem Maße organisatorisch flexibel gezeigt. Temporäre Strukturen seien in kürzester Zeit aufgebaut, modulare Stäbe eingerichtet und externe Unterstützung, etwa durch Studierende oder ehrenamtliche Helfende, effektiv eingebunden worden. Die interne Zusammenarbeit zwischen Leitung und Personalrat wurde ebenso positiv hervorgehoben wie die transparente Öffentlichkeitsarbeit. 

Das Gutachten empfiehlt, diese Stärken interne in allen Facheinheiten weiterzuentwickeln, um so den Betrieb der Kreisverwaltung Pinneberg als Kritische Infrastruktur dauerhaft zu gewährleisten. Ziel sei es, Krisenverantwortliche in allen Fachbereichen zu etablieren.

Diese Empfehlungen hat die Kreisverwaltung bereits eigeninitiativ umgesetzt, unter anderem durch die Schaffung des Fachbereichs 4 als zentrale Einheit für Bevölkerungsschutz, Gesundheit und Verbraucherschutz sowie ein flexibles, modulares Krisenstabssystem, das sich auch in der Gas- und Energiemangellage als tragfähig gezeigt hat.

3. Handlungsfeld: Ablauforganisation

Die Abläufe innerhalb der Kreisverwaltung haben sich dem Gutachten zufolge während der Pandemie als belastbar und anpassungsfähig erwiesen. Entscheidungs- und Meldewege seien zügig angepasst werden. Das kollegiale Arbeitsklima habe eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit und damit eine effiziente Krisenbewältigung gefördert. Besonders das digitale datengestützte Lagebild, das während der Pandemie dynamisch weiterentwickelt worden ist, habe sich als zentrales Steuerungsinstrument etabliert – angereichert durch Daten aus der Kooperation mit externen Akteuren wie Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Positiv hervorgehoben wurde die Verstärkung der Bürgertelefonie seitens des Kreises, die zur Entlastung der Verwaltung und zu einer verbesserten Erreichbarkeit für die Bevölkerung beitrug.

Das Gutachten empfiehlt in diesem Bereich, bestehende Abläufe weiter zu standardisieren, das Thema Lagebild weiterzuentwickeln sowie ein dauerhaftes, möglichst digital gestütztes Frühwarnsystem zu schaffen. 

Die Kreisverwaltung hat diese Anregungen in mehreren Bereichen aufgegriffen: So sind bereits Lagebilder für die Bereiche Infektionsschutz und Veterinärwesen eingeführt worden. Zudem ist eine Ansprechgruppe Katastrophenschutz etabliert worden, die regelmäßig tagt und eine strukturierte Zusammenarbeit aller Akteure der Gefahrenabwehr sowie kritischer Infrastruktur im Kreis ermöglicht. 

Ein Projekt „Kreisverwaltung als KRITIS“ arbeitet mit Priorität an Standards und Abläufen, um die Leistungsfähigkeit der Kreisverwaltung für die Bevölkerung auch im Krisenfall zu erhalten und Auswirkungen von Krisen auf die Verwaltung möglichst zu minimieren.

4. Handlungsfeld: Infrastruktur und Technik

Das Gutachten beschreibt, dass die Kreisverwaltung Pinneberg während der Pandemie in der Lage war, innerhalb kurzer Zeit neue funktionale Arbeitsplätze mit entsprechender Technik einzurichten. Auch die digitale Weiterentwicklung des zuvor manuell erstellten Lagebildsystems wird hervorgehoben. Die Eröffnung von Homeoffice-Möglichkeiten und eine intensive Nutzung von Videokonferenzen hätten eine nachhaltige Weiterentwicklung der digitalen Arbeitskultur angeschoben und insgesamt die Effizienz der Verwaltung gefördert.

Das Gutachten empfiehlt einen Ausbau der IT-Kapazitäten, besonders auch um hohen Datenmengen und erhöhten Kommunikationsanforderungen im Krisenfall standhalten zu können. Auch sollten analoge Rückfallebenen geschaffen werden, um bei Systemausfällen handlungsfähig zu bleiben. Eine vorausschauende Planung geeigneter Krisenräume sowie eine barrierearme, mehrsprachige Kommunikation nach außen werden zudem als wichtige Aufgabenfelder benannt.

Die Schaffung redundanter IT-Infrastrukturen sowie die Integration von Geodaten in das Lagebildsystem sind in Arbeit. Eine mehrsprachige und barrierearme Kommunikation zu Risiko-Szenarien und Vorsorge-Tipps für die Bevölkerung wurde und wird weiterhin über die Kampagne „Sei bereit!“ umgesetzt.

  
Medieninformation vom 10.07.2025